Der Begriff BIP taucht täglich in der Finanz- und Wirtschaftspresse auf. Vorstandsvorsitzende, Investoren und versierte Händler beziehen sich häufig darauf. Aber was ist das BIP? Welche Auswirkungen hat das BIP auf die Finanzmärkte? Wie kann man es und seine Veränderungen im Auge behalten? Und ist es möglich, Handels- und Anlagestrategien auf der Grundlage des BIP zu entwickeln?
Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) ist eine Messgröße, mit der die Gesamtgröße einer Volkswirtschaft über einen bestimmten Zeitraum, in der Regel ein Jahr, in Geldwert ausgedrückt wird. Wenn wir von einer Wirtschaft sprechen, meinen wir in der Regel die eines Landes, manchmal aber auch die einer Region (z. B. Südostasien) oder einer Stadt. Ein Vergleich der BIPs verschiedener Länder kann Aufschluss über die relative Größe und Stärke der jeweiligen Volkswirtschaften geben. Obwohl es nicht perfekt ist, ist das BIP der beste Indikator für die Größe einer Volkswirtschaft sowie ihrer Höhen und Tiefen.
Wie bei vielen anderen wirtschaftlichen und finanziellen Messgrößen ist eine einzelne Zahl für sich genommen nicht besonders aussagekräftig. Vergleicht man jedoch die Größe des BIP oder seine Veränderungsrate über mehrere Monate, Quartale oder Jahre, kann man viel über den Zustand einer Wirtschaft erfahren.
Wirtschaftswissenschaftler und Investoren wünschen sich ein stetiges und gesundes Wachstum einer Wirtschaft. Ein BIP-Wachstum von 1,5 % bis 3 % pro Jahr wird für eine entwickelte Wirtschaft wie die Deutschlands oder der USA als gesund angesehen. Ein schnelleres Wachstum würde zu Besorgnis über Inflation und/oder unhaltbare Wirtschaftsblasen führen. Ein langsameres Wachstum würde zu Bedenken über Stagnation und sinkende wirtschaftliche Standards führen.
Für Entwicklungsländer können schnellere Wachstumsraten als gesund angesehen werden. Offizielle Zahlen zeigen beispielsweise, dass die chinesische Wirtschaft seit fast drei Jahrzehnten konstant um über 6 % pro Jahr wächst. Die Entwicklung des BIP-Wachstums wird sogar noch genauer beobachtet als das BIP selbst.
Das BIP und das BIP-Wachstum werden als Indikatoren für die allgemeine Gesundheit einer Wirtschaft betrachtet. Wenn das Wachstum hoch ist, „fühlt“ sich die Wirtschaft gesund an. Die Beschäftigung steigt, da die Unternehmen mehr Menschen einstellen. Diese Menschen haben mehr Geld, das sie in der Wirtschaft ausgeben können, was gut für die Unternehmen ist und den positiven Gesamteffekt verstärkt.
Es ist möglich, dass man zu viel des Guten hat. Ein zu hohes BIP-Wachstum über einen zu langen Zeitraum führt zu einer hohen Inflation, die Regierungen und Zentralbanken in der Regel durch eine Erhöhung der Zinssätze zu bekämpfen versuchen. Höhere Zinssätze verlangsamen die Wirtschaft und haben eine direkte und ziemlich unmittelbare Auswirkung auf die meisten Finanzmärkte, die wir weiter unten untersuchen werden.
Wenn das BIP schrumpft, tritt natürlich das Gegenteil ein: Die Unternehmen kürzen, und einige Arbeitnehmer verlieren ihren Arbeitsplatz, was zu weniger Gesamtausgaben in der Wirtschaft führt. Dies kann zu einer Schrumpfung der Wirtschaft oder zu einem negativen Wachstum führen. Zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem BIP-Wachstum werden in der Regel als Rezession angesehen.
Es gibt drei gängige Methoden zur Messung des BIP, wobei jede Methode zu demselben Ergebnis führen sollte:
Addition des Gesamtwerts aller in der Wirtschaft produzierten Waren und Dienstleistungen
Addition aller von Einzelpersonen und Organisationen in der Wirtschaft erzielten Einkommen
Addition aller Ausgaben – Konsum, Investitionen, Staatsausgaben und Nettoexporte
Das BIP ist an sich eine wichtige Zahl, aber es ist auch ein wichtiger Bestandteil anderer Statistiken, die genau beobachtet werden. Das oben erwähnte BIP-Wachstum ist die wichtigste dieser Statistiken, aber es gibt noch weitere. Vergleicht man das BIP zweier Länder, kann man feststellen, welches Land die größere Wirtschaft hat. Und sollte das eine Wachstum des Landes höher sein, dann wird auch deren Währung aufwerten also steigen!
Sie wissen jetzt, was das BIP ist, wie es berechnet wird und welche nützlichen Statistiken sich daraus ableiten lassen. Aber wie wirken sich Veränderungen des BIP auf die Finanzmärkte aus? Die Beziehung zwischen den beiden ist nicht einfach, und folglich gibt es bei der Beantwortung dieser Frage viele Faktoren zu berücksichtigen.
Erstens ist das BIP ein nachlaufender Indikator: es wird retrospektiv berechnet, d. h. rückwärts auf den betreffenden Zeitraum bezogen. Im Gegensatz dazu sind die Finanzmärkte in der Regel zukunftsorientiert und werden eher von den Erwartungen über zukünftige Ereignisse beeinflusst. Das BIP wirkt sich am stärksten auf die Finanzmärkte aus, wenn es die Erwartungen der Menschen in Bezug auf zukünftige Ereignisse verändert, deshalb sollten Sie sich immer auf das Wachstum des BIP konzentrieren!
Fundamentalhändler verwenden BIP-Daten als Schlüsselmaßstab zur Bestimmung der Stärke der Wirtschaft eines Landes und damit der Stärke seiner Währung. Dies ist jedoch eine komplexe Beziehung. Eine wichtige Komponente des BIP sind die Exporte. Ein Anstieg der Exporte wirkt sich direkt, nicht eindeutig und positiv auf den Wert einer Währung aus. Ein Blick über das BIP hinaus, um zu sehen, was mit den Exporten eines Landes geschieht, kann daher einen nützlichen Einblick in die Währungserwartungen geben.
Ein hohes BIP-Wachstum kann zu einem Anstieg der Inflation führen. Eine hohe Inflation führt wiederum dazu, dass der Wert einer Währung mit der Zeit abnimmt, was sich negativ auf die Wechselkurse auswirkt. Wenn die Zentralbank eines Landes jedoch beschließt, die Inflation durch eine Anhebung der Zinssätze zu bekämpfen (die häufigste Reaktion), wirkt sich die Erhöhung der Zinssätze positiv auf den Wert der Währung aus.
Mein Tipp: Denken Sie daran, dass Forex in Paaren gehandelt wird. Aus diesem Grund ist es wichtig, das BIP und andere Zahlen hinter den beiden Währungen, mit denen Sie handeln wollen, zu vergleichen. Was Händler beachten müssen, ist der Unterschied zwischen den BIP-Wachstumsraten der beiden Währungen. Diejenige, die eine höhere Wachstumsrate aufweist, erfährt in der Regel eine Aufwertung gegenüber der anderen Währung.
